Cost Tool macht Verkehrsausgaben der Stadt Jena transparent

Die meisten finanziellen Mittel in Jena gehen in die Verkehrsarten, die zu den größten Folgekosten durch Unfälle und Umweltbelastungen führen.

Eine gemeinsame Stellungnahme von BUND, VCD und ADFC.

Auto- und Radverkehr auf der Stadtrodaer Straße

Cost Tool

Stand der Jenaer Nahverkehr wegen seiner Kosten zuletzt im Fokus, so ist nicht bekannt, was die anderen Verkehrsarten die Stadt kosten. Abhilfe schafft das von der Universität Kassel entwickelte Cost Tool. Mit dem Cost Tool steht der Stadt Jena eine Berechnungsmethode zur Verfügung, mit der sich die Ausgaben der Stadt transparent den einzelnen Verkehrsarten zuordnen lassen. Es geht um die Ermittlung aller Kosten und Investitionen sowie den Kostendeckungsgrad der verschiedenen Verkehrsarten (Pkw, Lkw, Radverkehr, ÖPNV, Fußverkehr). Das war bis jetzt nicht möglich, da etwa bei einer grundhaften Sanierung einer Straße nicht ermittelt wurde, welcher Anteil davon dem Fuß-, Rad-, und dem motorisierten Individualverkehr zugeordnet wird. Beim Cost Tool gehen diese Daten über gemittelte Flächenanteile in die Statistik ein. Das Cost Tool berechnet zudem die externen Kosten der Verkehre in Jena – das sind die in Euro umgerechneten Schäden, die die Verkehre verursachen und die von der Allgemeinheit getragen werden. Zu diesen gehören die Kosten, die durch Unfälle, Luftverschmutzung, Lärmbelastung und die Klimaveränderung entstehen. In Jena ist der LKW- und PKW-Verkehr für rund 90% dieser externen Kosten verantwortlich.

 

Städtische Zuschüsse fließen hauptsächlich in Lkw- und Pkw-Verkehr


Letztes Jahr hat die Stadt Jena den Klimaaktionsplan (KAP) verabschiedet. Darin verpflichtet sich die Stadt zu weniger Pkw-Verkehr und mehr ÖPNV-Anteile. Jena hat sich zur Aufgabe gemacht, viele Pkw-Fahrten auf den ÖPNV und das Rad zu verlagern:

   Verkehrsart      Ist 2018      Ziel 2035   
   MIV (Pkw)     34 %      20 %
   ÖPNV     15 %      22 %
   Fahrrad     15 %      20 %
   Fuß     35 %      38 %

Tabelle: Anteile der Verkehrsmittel am Modal Split in Jena 2018 (Daten aus KAP Stadt Jena und Ziele des KAP 2035)


Das selbst gesteckte Ziel einer deutlichen Reduzierung des Kfz-Verkehrs, einer Steigerung der ÖPNV-Nachfrage und einer Erhöhung des Radverkehrsanteils kann die Stadt nur erreichen, wenn sie die Privilegierung des Kfz-Verkehrs abbaut und den Umweltverbund stärkt. Dabei legt jedoch das Cost Tool ein Missverhältnis offen: Der Großteil der städtischen Zuschüsse, also der tatsächlich anfallenden Kosten für die Stadt, deren Eigenbetriebe und Tochterunternehmen fließt in den Lkw- und Pkw-Verkehr. Diese verursachen zudem den weitaus größten externen Schaden. Vor dem Hintergrund der bestehenden Kostenverteilung fordern die Verkehrsverbände die Stadt Jena auf: Wenn die Stadt ihre eigenen Ziele ernsthaft verfolgt und in nur 10 Jahren den Autoverkehr um weit mehr als ein Drittel reduzieren möchte, muss sie unmittelbar die Zuschüsse zugunsten des Umweltverbundes umverteilen.

Stellungnahmen der Verkehrsverbände

Michael Böhringer (ADFC Jena) nimmt zu den Zahlen Stellung:

„Die Zahlen decken das starke Missverhältnis hinsichtlich der Mittelverteilung auf - die Hauptverursacher der durch den Verkehr induzierten Belastungen erhalten deutlich mehr Zuschüsse als die Verkehrsträger des Umweltverbundes. Größere Investitionen in effiziente Verkehrsmittel wie das Rad könnten helfen, diese Belastungen zu reduzieren.“


Mathias Wilde (VCD Jena) ergänzt:

„Mit dem Cost Tool steht der Stadt ein hervorragendes Instrument zur Verfügung, um zu überprüfen, ob sich das Engagement der Stadt zur Zielerreichung des Klimaaktionsplans auch in den Zahlen des Haushaltes widerspiegelt. Das Umsteuern kann nicht aufgeschoben werden. Die Mittel für die Osttangente im Sinne der Zielerreichung sind besser im Ausbau des Nahverkehrs v.a. auf der Nord-Südachse aufgehoben.“


Stefan Jakobs (BUND Jena) stellt fest:

„Es ist klar, dass Jena auch in Zukunft die Verkehrsströme durch das Ein- und Auspendeln bewältigen muss. Hierfür braucht es neue Ideen für die Verknüpfung von Individualverkehr und öffentlichen Verkehrsmitteln und ein verbessertes Zusammenspiel von Stadt, Land und Bund. Die Potenziale für die Verlagerung von Pkw-Fahrten innerhalb von Jena sind noch längst nicht ausgeschöpft.“

Weitere Aussagen aus den Ergebnissen des Cost Tools

• Kein Verkehrsträger ist kostendeckend – attraktive Bedingungen für alle Verkehrsarten sind von Subventionen durch den öffentlichen Haushalt abhängig.
• Der Zuschuss für den motorisierten Verkehr ist höher als für den ÖPNV.
• Der Kostendeckungsgrad beim ÖPNV liegt bei über 70 %, der für den motorisierten Verkehr (Pkw und Lkw) bei nur 50%.
• Jedem in 2021 im Haushalt der Stadt Jena ausgegebenen Euro für den motorisierten Verkehr (Pkw und Lkw) stehen nur 0,8 € für die Verkehrsmittel des Umweltverbundes gegenüber.
• Die externen Kosten für den motorisierten Verkehr sind ca. 10-mal so hoch wie für den ÖPNV.
• Die externen Kosten pro Einwohner/in Jenas waren in 2021 sechsmal so hoch für den motorisierten Verkehr wie für den Umweltverbund zusammen.

Präsentation der Stadt Jena mit genauen Daten des Cost Tools, vorgestellt im Beirat Radverkehr am 17.10.2023.


https://thueringen.adfc.de/neuigkeit/cost-tool-macht-verkehrsausgaben-der-stadt-jena-transparent

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