Fahrradfahrer neben LWK beim Abbiegen

Fahrradfahrer neben LWK beim Abbiegen © ADFC/Jens Lehmkühler

ADFC-Kritik an UDV-Untersuchung: Geschütztes Kreuzungsdesign seit langem bewährt

Der ADFC nimmt Stellung zur UDV-Untersuchung des niederländischen Kreuzungsdesigns.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) kritisiert die fragwürdige Untersuchung von geschützten Kreuzungen durch die Unfallforschung der Versicherer (UDV) und die daraus abgeleitete Ablehnung des Designs niederländischer Schutzkreuzungen.

ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagt: „Die von der UDV verbreiteten Ergebnisse stehen im deutlichen Widerspruch zu den langjährigen guten Erfahrungen, die vor allem in den Niederlanden mit diesem Kreuzungsdesign zum Schutz von Radfahrer*innen gemacht wurden. Kreuzungen nach niederländischem Modell gibt es in den Niederlanden vielfach. Es ist daher vor allem zu kritisieren und nicht nachvollziehbar, warum die UDV einen eigenen Fahrversuch und Simulationen nutzt, anstatt an existierenden Kreuzungen in unserem Nachbarland zu forschen und Ergebnisse niederländischer Unfallforschung zu nutzen.“

Kreuzungen als Unfall-Hotspot müssen weiter erforscht werden
Die UDV genießt großes Vertrauen in der Fachszene und wird auch häufig vom ADFC als Grundlage für die fachliche Arbeit genutzt. Aber in diesem Fall muss der Fahrradverband deutlich widersprechen. In Deutschland ereignen sich zwei Drittel aller Unfälle im Radverkehr innerorts mit Personenschaden und mehreren Beteiligten an Kreuzungen und Einmündungen. Das Risiko an einer Kreuzung tödlich zu verunglücken ist in Deutschland für Radfahrende fast dreimal so hoch wie in den fahrradfreundlichen Niederlanden, bezogen auf Einwohnerzahl und Verkehrsleistung im Radverkehr. Der ADFC hält daran fest, dass sich geschützte Kreuzungen im Ausland praktisch bewährt haben und auch hierzulande erprobt werden sollten. Die ernsthafte und seriöse Forschung zu besseren Lösungen als den vorhandenen ist dringend notwendig und ausgesprochen wichtig.

An der UDV-Untersuchung kritisiert der ADFC insbesondere den Versuchsaufbau, das Kreuzungsdesign bei der Simulation und die fehlende Perspektive der Radfahrenden.

Unklarer Versuchsaufbau
Es ist unklar, ob bei dem Versuch der UDV tatsächlich eine geschützte Kreuzung nach niederländischem Standard auf dem Boden aufgezeichnet wurde und ob der Lkw wie im realen Verkehr im weiten Bogen um die Kurve gefahren ist. Ferner ist grundlegend zu kritisieren, dass bei dem Versuch auf mehrere wiederholte Fahrten mit unterschiedlichen LKW- und Fahrrad-Typen, verschiedenen LKW-Fahrenden und Radfahrenden sowie variierenden Geschwindigkeiten verzichtet wurde, wie dies für eine seriöse Versuchsreihe erforderlich gewesen wäre. Ferner weisen Fachbeobachter des Versuchs ausdrücklich darauf hin, dass nicht die Sichtverhältnisse während des gesamten Abbiegevorgangs beobachtet wurden, sondern nur an einem einzigen Punkt. Es blieb daher unberücksichtigt, dass ein fahrender Radfahrer davor oder danach durch die Scheiben des Lkw zu sehen gewesen wäre.

Fragwürdiges Design bei der Computersimulation
Nicht nachvollziehbar sind auch die Ergebnisse der UDV-Computersimulationen, die eine verschlechterte Sicht auf Radfahrende an geschützten Kreuzungen belegen sollen. Selbstverständlich können in den Außenspiegeln, die den Nahbereich rechts neben dem Lkw erfassen sollen, keine Radfahrenden in weiterer Entfernung zu erkennen sein. Dies ist kein Mangel des geschützten Kreuzungsdesigns sondern ein Vorteil, denn an einer geschützten Kreuzung ist der Radweg so weit abgesetzt, dass sie aus dem Seitenfenster zu sehen sind. Zudem entspricht die Dimensionierung der in der Computersimulation der UDV dargestellten geschützten Kreuzung nicht dem Standard niederländischer Schutzkreuzungen, die eine Führung des Kfz-Verkehrs in einem deutlich engeren Winkel beim Abbiegen vorsehen.

Perspektive von Radfahrenden wird vernachlässigt
Die UDV konzentriert sich allein darauf, ob das Fahrrad nicht oder zu spät aus dem Lkw sichtbar ist. Sie berücksichtigt jedoch nicht die Perspektive der Radfahrenden und deren Anforderungen an die Infrastruktur. An herkömmlichen Kreuzungen in Deutschland nehmen Radfahrende zwar den Lkw wahr, erkennen aber vor einem Unfall häufig nicht dessen Absicht, nach rechts abzubiegen. Bei geschützten Kreuzungen vollzieht sich die Richtungsänderung des Lkw in sicherer Entfernung und im Blickfeld der Radfahrenden. Dadurch verlängert sich die Reaktionszeit bis zu einem möglichen Zusammentreffen. Zudem bieten geschützte Kreuzungen nach niederländischem Vorbild Radfahrenden jeden Alters und jeder Fähigkeit ein hohes Maß an Komfort und verringern durch ihre räumliche Trennung die Möglichkeiten von Konflikten und Kollisionen zwischen Kfz- und Radverkehr.

Hinweise für Redaktionen: Themenfotos und die gesamte Stellungnahme gibt es im Pressebereich des ADFC.

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