Zwischenbilanz Radverkehrskonzept 2.0: ADFC fordert Einhaltung der Ziele
Mit dem 1. Zwischenbericht zum Thüringer Radverkehrskonzept 2.0 wirft das Thüringer Infrastrukturministerium einen positiven, aber auch kritischen Blick auf den Umsetzungsstand. Der ADFC sieht Defizite v.a. im Bereich der Radverkehrsinfrastruktur.
Im Februar hat das Thüringer Infrastrukturministerium einen ersten Zwischenbericht zum 2018 veröffentlichten Thüringer Radverkehrskonzept 2.0 herausgegeben. Demnach sind „spürbare Fortschritte bei der Radverkehrsförderung“ erzielt worden. Die bisher umgesetzten Maßnahmen reichen allerdings auch nach Einschätzung des Ministeriums nicht aus, um das im Radverkehrskonzept gesetzte Ziel eines Radverkehrsanteils von 12 % im Jahr 2025 und 15 % im Jahr 2030 in Thüringen zu erreichen.
Thilo Braun, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Thüringen: „Insgesamt ist die Evaluation aus Sicht des ADFC zutreffend. In einigen Bereichen – etwa mit der Einrichtung eines ministeriellen Arbeitskreises Thüringer Radverkehr, der Verstetigung des Stadtradelns, der Etablierung der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundliche Kommunen Thüringen oder der regelmäßigen Durchführung einer Radverkehrskonferenz – sind Fortschritte zu verzeichnen. Beim Kernpunkt – der Infrastrukturentwicklung – hat sich allerdings viel zu wenig getan.“
Wurden zwischen 2012 und 2016 in Thüringen im Durchschnitt jährlich noch ca. 27 km Radwege an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen gebaut, so waren es zwischen 2018 und 2023 gerade einmal ca. 8 km pro Jahr. Nur knapp die Hälfte der für den Radverkehr an Bundes- und Landesstraßen vorgesehenen Haushaltsmittel wurde eingesetzt.
Thilo Braun: „In Thüringen sind gerade einmal knapp 10% der außerörtlichen Straßen mit Radwegen versehen. Von Bundesländern wie Schleswig-Holstein (58%) oder Niedersachen (53%) und vom bundesdeutschen Durchschnitt (27%) sind wir also weit entfernt. Wenn der Radwegebau weiterhin so langsam voranschreitet wie in den letzten Jahren, haben wir keine Chance, uns vom aktuell im Bundesvergleich letzten Platz wegzubewegen.“
Die Forderung an das Ministerium und die Landesregierung ist somit klar: „Um die Ziele des Radverkehrskonzepts 2.0 zu erreichen, muss deutlich mehr in Radverkehrsinfrastruktur investiert werden. Personalmittel sind aufzustocken, um mit attraktiven Bedingungen Radverkehrsplaner für Thüringen zu gewinnen. Und dann müssen geplante Maßnahmen auch zügig und qualitativ angemessen umgesetzt werden! Eine Erreichung der Ziele ist möglich – wenn man denn will“, so Thilo Braun.
Neben den Defiziten bei der Umsetzung des Radverkehrskonzepts 2.0 im Bereich der Infrastruktur liegen aus Sicht des ADFC insbesondere die für den schulischen Bereich gesetzten Ziele noch in weiter Ferne. Hier richtet sich ein dringender Appell an das Bildungsministerium, die Radfahrausbildung über die Grundschule hinaus auf die Sekundarstufe auszuweiten. Zudem sollte die Sicherheit der Schüler durch die Erstellung von Schulradwegplänen, die sichere Gestaltung der darin verzeichneten Wege und die Einrichtung von Schulstraßen in den Fokus rücken.
Hintergrund
2018 wurde das Radverkehrskonzept 2.0 für den Freistaat Thüringen veröffentlicht. Es bildet die Handlungsgrundlage für die Radverkehrspolitik der Landesregierung bis 2030 und bietet Kommunen und anderen Akteuren eine Orientierung, wenn es darum geht, den Radverkehr zu fördern. Erstmals sind auch konkrete Ziele festgelegt, wie sich der Radverkehrsanteil entwickeln soll: von 7% (2017) soll er bis 2025 auf 12% und bis 2030 auf 15% steigen.
Alle fünf Jahre erstellt die Landesregierung einen Bericht zur Umsetzung des Radverkehrskonzeptes, der die durchgeführten Maßnahmen, Mittelverwendung und den Grad der Zielerreichung darstellt. Der erste dieser Berichte wurde nun vorgelegt.